Tag 39: Erkenntnis durch Schock–Der Turm

Gestern habe ich viel über Wahrheit, unsere Wahrnehmung, und die Idee von richtig und falsch nachgedacht. Die Ideen und Ausführungen von John C. Lilly (The Quiet Place) sind hierbei sehr aufschlussreich für mich gewesen. Sie spiegeln genau das wieder, was ich erkannt habe.

Viele Menschen, ich eingeschlossen, sprechen gern über Wahrheit, meinen aber oft einfach nur die eigene Wahrnehmung und nennen es „meine Wahrheit“. Und wenn man diesen Unterschied anspricht, so als wüßte man es besser (was ja nicht der Fall sein kann) dann werden sie manchmal sogar wütend. Ihre Egos kommen raus und verteidigen ihre Ansicht, die ja auch nur EINE Ansicht ist. Sie wollen aber gerne recht haben und Bestätigung für ihre Ansicht, ihre Wahr-nehmung, bekommen. Deswegen veröffentlichen sie fleißig Beiträge und Berichte auf sozialen Netzwerken und in Foren. Ich tat und tue das ebenso, und beginne zu hinterfragen wieso ich das tue und was dabei heraus kommt.

Ein anderer Aspekt für meine Beiträge war oft, dass ich dachte ich hätte tiefer in mein Inneres geschaut als viele andere, wüsste Dinge die sie noch nicht durchschaut oder erkannt haben, und könnte mit meiner Weisheit zur Hilfe eilen. Was für ein ego-Trip!

Was ich bisher nicht deutlich genug erkannt hatte ist die Tatsache (oder sollte ich besser Wahr-Nehmung sage), dass jeder Mensch an einem unterschiedlichen Punkt in seinem ganz individuellen Prozess steht. Manchmal wird in sozialen Netzwerken tatsächlich versucht, mehr Einsicht über sich selber zu gewinnen. Doch meist ist dem nicht so und es geht nur darum gesehen und geschätzt zu werden. Aus diesem Grund sind die meisten Dialoge auf solchen sozialen Netzwerken auch verfälscht, denn die Menschen die hier miteinander kommunizieren wissen oft gar nicht wirklich, warum sie das tun. Es ist ihnen gar nicht klar. Mir ging es ebenso. Und wenn man diesen Punkt ansprechen möchte und sie nach ihren Intentionen fragt, dann werden sie oft wütend, reden davon das man sie überhaupt nicht „wirklich“ versteht (und sie sehen dabei den Spiegel nicht, der ihnen dabei gerade vorgehalten wird), blockieren einen oder werfen einen sogar ganz aus der Gruppe. Das sind alles nur Zeichen dafür, dass man eben doch keine innere Entwicklung durchmachen möchte, sondern eigentlich alles daran setzt, diese zu verhindern und stattdessen den eigenen so mühevoll erreichten Erkenntnis-Zustand zu erhalten und bloß nicht in Frage zu stellen. Man schützt ihn aktiv vor neuen Erkenntnissen und Einsichten, indem man nicht darauf eingeht, was der andere ausdrücken oder mitteilen möchte. Und falls man doch darauf eingeht, dann meist in der Form das man zu erklären versucht warum man selber recht hat und der andere unrecht. So laufen die meisten Dialoge. Und sie zeigen eben einfach nur, dass beide Seiten noch nicht bereit für den nächsten Schritt sind. Das muss man akzeptieren. Doch so kommt meist gar keine echte Kommunikation zustande, die zu neuen Einsichten führt, die etwas am eigenen Verhalten verändern. Ich frage mich dann, warum ich also weiter kommunizieren sollte. Und auch, warum ich überhaupt Beiträge verfasse. Ich erkenne, dass dies meinem eigenen Ego und dem Wunsch nach Anerkennung entspricht, aber auch dem Wunsch nach neuen Einsichten. Dazu gleich mehr.

Dann gibt es noch andere Teilnehmer, die sich gar nicht wirklich in ein Thema einmischen und nur „liebevolle“ Kommentare und gut gemeinte Herzchen abgeben. So kann man sich selber als gut und als erwacht und in Liebe über den Dingen stehend betrachten. Und zwar ganz ohne Gefahr zu laufen, dass diese illusorische Vorstellung von Anderen angegriffen wird. Dafür besteht ja auch keine Anlassung, denn sie erzeugt keine Gefahr in der Hinsicht, dass sie Überzeugungen anderer in Frage stellt. Deswegen finde ich solche Kommentare in sozialen Netzwerken, und auch im privaten, recht nutzlos. Sie führen zu nichts. Für mich hat solches Verhalten auch nichts mit Liebe zu tun, denn es führt zu keiner Verbesserung in der Beziehung oder zu neuen Einsichten. Es ist für mich eher ein Zeichen von Feigheit. Man steht nicht auf für die eigenen Überzeugungen und scheut den Konflikt und die Auseinandersetzung. Dadurch werden weder eigene Blockaden und Illusionen bewusster gemacht, noch die des Gegenübers. So sind derartige Kommentare einfach nur nutzlos im Hinblick auf die eigene weitere Entwicklung und die Auflösung innerer Blockaden. Und anderen helfen sie auch nicht.

Letztendlich können unsere inneren Blockaden nur schwer aus eigenem Willen heraus bewusst gemacht und aufgelöst werden. Denn sie existieren im Unterbewussten und sind daher per Definition nicht bewusst. Und sie sind im Unterbewussten gelandet, gerade weil sie nicht bewusst gemacht werden sollen. Denn wir sind, oder waren, bisher nicht bereit, diese Blockaden bewusst anzuschauen. Deswegen blockieren sie uns noch. Alles was dagegen bewusst ist, können wir ja erkennen und bearbeiten. Nur das Unbewusste können erst erkennen, wenn wir plötzlich, durch einen Schock, damit konfrontiert werden. Oder, und das ist die zweite Möglichkeit, wenn wir plötzlich und aus heiterem Himmel eine entsprechende Einsicht erfahren (auch das ist mir schon passiert). Ein Schock kommt zustande durch einen äußeren Einfluss (das kann auch einen neue Idee oder ein neuer Gedankengang sein, oder ein schockierender Kommentar, eine intensive Begegnung, oder ein Ereignis einer besonderen Art). Die Einsicht entsteht oft in einem Raum der Stille (auf der Toilette, im Wald, beim Lesen eines Buches).

Das eigenartige daran ist, dass wir nicht ständig einen Schock oder eine Einsicht erfahren, obwohl wir vielen äußeren Einflüssen (Kommentaren, Begegnungen, etc.) ausgesetzt sind, und auch vielen inneren Einflüssen (Gedanken, Gefühlen) unterliegen. Doch der Schock oder die Einsicht treten erst dann auf, wenn wir „bereit“ für eine neue Erkenntnis sind. Das bedeutet dass beides, die Erfahrung eines Schocks oder einer Einsicht, von außen kommen. Irgend etwas, das wir nicht kontrollieren können, versetzt uns auf einen Schlag einen Schock oder vermittelt uns eine Einsicht. Wir haben das nie unter unserer willentlichen Kontrolle. Wir können einen Schock oder eine Einsicht nicht willentlich produzieren, egal wie viel wir uns in sozialen Netzwerken tummeln oder wie viele Bücher wir lesen. Schocks und Einsichten entstehen immer spontan und ohne Vorwahrung. Es sind immer extern initiierte Events, ganz egal ob die Erfahrung durch außen (Schock) oder innen (Einsicht) gemacht wird. Letztendlich wirken sowohl der Schock als auch die Einsicht immer auf interne Prozesse, also auf unsere bisherige Gedankenwelt und Glaubenssysteme. Sie erschüttern diese in ihren Grundfesten.

Was aber ist die grundlegende Ursache diesen inneren Prozesses der Erkenntnis, offenbar ausgelöst durch einen äußeren Schock oder eine innere Einsicht? In beiden Fällen schießt uns plötzlich ein neuer und sehr intensiver Gedanke in den Kopf. Völlig unerwartet und aus dem Nichts schießt plötzlich dieser neuer Gedanke mit solcher Macht und Intensität in unser Bewusstsein, dass wir von einem Schock oder einer Einsicht sprechen. Und dieser Gedanke lässt uns nicht mehr los. Er zwingt uns zur Beachtung und Beschäftigung mit ihm. Zumindest dann, wenn er stark genug ist. Dann ändert er nicht nur unsere innere Einstellung, sondern unser ganzes Leben. Wenn er nur schwach ist, können wir ihn leicht wieder beiseite legen und ignorieren. Aber dann spreche ich auch nicht von Schock oder Einsicht. Doch woher kommt der Gedanke so plötzlich? Wir haben ihn nicht willentlich erzeugen können, denn wir kannten ihn bisher gar nicht. Er kam von irgendwo. Vielleicht aus dem Nichts. Vielleicht aus dem morphischen Feld. Vielleicht von Gott. Vielleicht als eine verdrängte Erinnerung aus unserem Unterbewusstsein. Vielleicht als Erinnerung aus einem früheren Leben. Vielleicht von anderen Wesenheiten mit guten oder weniger guten Absichten. Wir wissen es nicht. Und nun stehen vor dem Dilemma: sollen wir diesen mächtigen Gedanken annehmen oder ablehnen? Auf welcher Grundlage können wir entscheiden, ob dieser neue Gedanke für uns sinnvoll oder schädlich ist, denn er ist ja neu und wir haben keine Erfahrung damit? Was tun wir also jetzt? Und ist das, was wir jetzt im Hinblick auf diesen intensiven neuen Gedanken entscheiden, nicht wieder nur eine Entscheidung, die auf vergangenen Einsichten und Gedanken basiert? Wie kann aber ein so neuer Gedanke mit alten Gewohnheiten in Übereinstimmung gebracht werden? Wie können wir diesen neuen Gedanken in unser bestehendes Glaubenssystem integrieren, damit wir ungestört so weiter machen können, wie bisher.

Ich rede hier von Gedanken, von Erkenntnissen, die uns so aus der Bahn werfen, dass sie eben nicht in unser bisheriges Gedankengebäude oder Glaubenssystem passen. Sie sind so anders, und gleichzeitig so mächtig, dass wir keine Möglichkeit haben, unser bisheriges Glaubenssystem aufrecht zu erhalten. Es ist wie der Turm zu Babel (Tarot-Karte XVI) durch einen plötzlichen Blitzeinschlag (Schock) zu Fall gekommen. Und das ganz ohne unseren Willen.

Was also jetzt tun? Wie können wir mit diesem neuen Gedanken, dieser neuen Erkenntnis, umgehen? Aufgrund der neuen Erkenntnis machen viele unserer bisherigen Handlungsweisen plötzlich keinen Sinn mehr. Im Lichte dieser neuen Erkenntnis, können wir nicht mehr nach altherbrachten Mustern leben. Die neue Erkenntnis bewirkt ein Umdenken und das muss sich zwangsläufig in geänderten Verhaltensweisen äußern. Unsere alten Handlungsweisen funktionieren hier nicht mehr. Auch unsere bisherigen Beziehungen, die auf einer ganz anderen Erkenntnisgrundlage entstanden sind, fallen auseinander. Wir stehen plötzlich allein und ohne jede Führung da. Nichts was wir glaubten zu wissen, hat noch Bestand oder ist noch gültig.

Ich hatte ein solche Erfahrung vor etwas mehr als 10 Jahren. Und sie war so dramatisch, so einsichtsvoll, so umwerfend, dass ich sogar heute, nach 10 Jahren, immer noch kein neues Gedankengebäude für mich errichten konnte, welches schlüssig ist, diese Erkenntnis integriert, und mir als Handlungsanleitung in dieser Welt dienen könnte. Aber ich arbeite daran. Täglich, und jeden Tag mehr.

  • Ich erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe, die intensiven neuen Erkenntnisse von damals (2009) mehr und mehr zu ignorieren, weil ich nicht wusste, wie ich damit umgehen kann oder soll.
  • Ich erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe, in Bücher, auf sozialen Netzwerken, und bei Gurus, Mystikern, oder spirituellen Lehrern, im Tarot, der Kabbalah, in Hermetischen Lehren, uns vielen andere Bereichen nach Antworten zu suchen, die mir weiter helfen können meine eigenen Erkenntnisse zu verstehen und zu integrieren.
  • Ich erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe zu glauben, das all das Suchen nach Erklärungen zu nichts führt, weil niemand die Antworten hat, die ich suche oder die mich befriedigen, wobei ich erkenne dass ich eine solche Aussage nur treffen kann, wenn ich schon weiß, wonach ich suche und was die befriedigende Antwort ist.
  • Ich erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe zu glauben, dass Antworten nicht zu finden sind, es auch gar keine gültigen Erklärungen für meine Erkenntnisse und Erfahrungen gibt, alle Erklärungen nur subjektiv sein können, und ich deshalb besser die Suche nach Erklärungen besser ganz aufgebe, mich wieder meinen alten Glaubenssätzen zuwende, und die weiter Suche nach Erklärungen aufgebe, weil sie ja sowieso zu nichts führt.
  • Ich verpflichte mich, meine Erkenntnisse als wahr anzunehmen, und sie durch mein Schreiben für mich selber klarer zu machen, sodass ich die Punkte die noch unklar erscheinen, ebenso für mich selber klarer machen kann.
  • Ich verpflichte mich weiterhin nach Erklärungen in den Werken anderer zu suchen, die meine Erkenntnisse in irgendeiner Form bestätigen, sodass dadurch eine gewisse Vorstellung darüber entwickelt werden kann, was tatsächlich ultimativ und absolut wahr ist, nicht nur in meiner Wahr-Nehmung.
  • Ich verpflichte mich, meine Wahr-Nehmung immer authentisch mitzuteilen, ohne dass daraus ein Anspruch auf Wahrheit entsteht, und sie denen mitzuteilen, die danach suchen.
  • Ich verpflichte mich, meine Energie nicht mehr irgendwelchen Ego-Spielereien zur Verfügung zu stellen, sondern sie dafür zu nutzen, die Konflikte die ich in mir spüre und erkenne, aufzuarbeiten, um zu mehr Einsicht zu gelangen, auch wenn sie schmerzhaft sein sollte.
  • Ich verpflichte mich, dass erkannte umzusetzen, zu leben, und so die Sequenz von Gedanke-Wort-Tat (thought-word-deed) zu vervollständigen, denn nur gelebte Einsicht ist wirkliche Einsicht.
  • Ich verpflichte mich danach zu streben, meine Erkenntnisse zu jeder Zeit zu hinterfragen und nie statisch werden zu lassen.

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