Tag 73: Was erwarte ich von Beziehungen?

Ich habe gestern viel über Beziehungen nachgedacht und ob ich darin glücklich bin oder nicht. Eigentlich muss ich zugeben, dass ich selten bis nie richtig glücklich in Beziehungen war. Ich spreche hier nicht nur von intimen Beziehungen zu Frauen. Ich war, und bin, viel glücklicher ohne Beziehungen. Ich vermeide sie sogar größtenteils. Und wenn ich eine Beziehung eingehe, dann bleibe ich meist an der Oberfläche. Denn meine Gedanken mitzuteilen stößt meist auf Unverständnis oder Ablehnung. Es gibt kaum jemandem der zuhören möchte. Und noch weniger gibt es Menschen, deren Input ich schätze. Die meisten Menschen die ich kenne beschäftigen sich nur mit alltäglichen Dingen (Sport, Wetter, Job, Geld, Haus, Auto, Familie, etc.). Es gibt fast niemanden, mit dem ich tiefer eintauchen kann in die geistige Welt, also darüber zu reden wie man sich fühlte, was man denkt und warum, wovon man sich leiten lässt, warum man bestimmte als wahr oder richtig annimmt und andere nicht, etc. Solche Gespräche wünsche ich mir, denn sie interessieren mich. Dabei lerne ich nicht nur vom und über den anderen, sondern auch über mich. Smalltalk langweilt mich nur. Und ich denke das projiziere ich auch nach außen und deswegen habe ich so gut wie keine Beziehungen.

Marshall Summers spricht von der Bedeutung von Beziehungen. Sie ist (neben Arbeit, Gesundheit, und spiritueller Entwicklung) einer der vier wichtigen Grundpfeiler unseres Lebens. Und nach seiner Ansicht müsste ich diesen Pfeiler stärker entwickeln, denn er ist so gut wie nicht existent. Und irgendwie wünsche ich mir ja auch authentische und tiefgehende Beziehungen, die nicht von Ignoranz und Egoismus, oder von Forderungen an und Projektionen auf mich bestimmt sind.

Doch wie mache ich das? Wie finde ich „meinen Stamm“, wie es jemand einmal ausdrückte? Ich finde solche Menschen nicht in meiner derzeitigen Umgebung, weil ich sozial ziemlich isoliert bin. Ich lebe allein in einem Wohnwagen auf einem Campingplatz, gehe keiner geregelten Arbeit nach, und habe durch die Jahrzehnte-langen Auslandsaufenthalte auch keine Kontakte mehr aus früheren Zeiten in meiner Heimat. Die Verbindung zu alten Freunden kann ich nicht wieder re-aktivieren, weil meine Erfahrungen einfach zu anders sind, als die der Menschen, die ihr Leben lang in meiner Kleinstadt gelebt haben. Das gilt ebenso für den Rest meiner Familie, einschließlich meiner erwachsenen Kinder, die nun sowieso ihre eigenen Wege gehen.

Aber ich fand diese Kontakte auch nicht auf meinen Reisen. Oder nur selten. Vielleicht bin ich so viel auf Reisen gewesen, weil mir tiefergehende Kontakte eben doch fehlen und ich sie suche.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob ich solche Kontakte wirklich brauche oder sie nur suche, weil ich gelesen habe sie seien wichtig, oder weil ich mich ablenken möchte von mir selber (was manchmal sicher zutrifft, denn ich bin mir selber nicht immer genug – ich brauche auch mal input von außen). Ich fühle mich jedoch nicht einsam. Aber ich bin oft allein und schätze das sehr. Genau wie ab und an mal einen kurzen Besuch. Ansonsten bin ich an Oberflächlichkeiten nicht interessiert. Die fehlenden sozialen Kontakte könnten in schwierigen Zeiten mal ein Problem werden. Aber oberflächliche Kontakte helfen dann sicher auch nicht weiter.

Und so pflege ich den intensivsten Kontakt mit mir selber. Mit meinem Tagebuch, mit meinem spirit und höheren Selbst (so hoffe ich wenigstens), und in einigen ausgewählten online-Communities. Besonders online hoffe ich auf neue Kontakte. Und manchmal gab es diese auch. Doch es fehlt dann irgendwie das persönliche, auch wenn ich schon den einen oder anderen meiner online-Bekanntschaften persönlich kennen gelernt habe. Aber ich denke die meisten Menschen die auf meiner Wellenlänge liegen finde ich nicht online. Denn die sind zu beschäftigt mit sich selbst und dem Leben und haben kein Interesse an Ego-Spielereien und Selbstdarstellung in Foren und auf Facebook.

Ich denke ich bin recht egoistisch im Hinblick auf meine Beziehungen zu anderen Menschen. Denn wenn sie mir nichts geben, mich intellektuell oder gefühlsmäßig nicht ansprechen oder fordern, dann habe ich überhaupt kein Interesse an diesen Menschen. Wenn die Menschen sich nicht authentisch äußern, ja nicht einmal erkenn wie fremdgesteuert und fremdprogrammiert sie sind, sich nicht mit ihrem innersten Wesen beschäftigen, sich selber hinterfragen, und darüber reden möchten, dann habe ich kein Interesse. Ja, so sieht es aus im Feld meiner Beziehungen zu anderen Menschen.

Es gibt aber auch noch die Beziehung zum Leben selbst, die Beziehung zu mir, die Beziehung zu meinen Gedanken, meinen Gefühlen, die Beziehung zu meiner Umwelt (Pflanzen, Tiere, Erde), und den Geschehnissen darin. Ich denke nicht, dass Marshal Summers von diesen Beziehungen spricht, wenn er vom Beziehungspfeiler redet. Trotzdem sind mir diese Beziehungen auch sehr wichtig und ich frage mich häufig, in welcher Beziehung ich mich zu mir selber, meinen Gedanken und Gefühlen, und zu den Ereignissen in meiner Umwelt befinde.

  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe hohe Erwartungen an meine Beziehungen zu mir selber und anderen Menschen zu stellen.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe diese Erwartungen so hoch zu schrauben, dass sie fast niemand, ja nicht mal ich selber, erfüllen kann.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe die Einsamkeit und das Alleinsein unerfüllten Beziehungen vorzuziehen.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe nach erfüllenden Beziehungen zu suchen und dabei weite Wege und starke Veränderungen in Kauf zu nehmen.
  • Ich verpflichte mich, nicht von meinen Ansprüchen gegenüber mir selber und anderen Menschen abzuweichen, nur um das Gefühl zu haben, akzeptiert zu sein.
  • Ich verpflichte mich, weiter meine Ansprüche an mich und andere Menschen hoch zu halten.
  • Ich verpflichte mich, meine Ansprüche an mich und andere ständig zu prüfen, besonders im Hinblick darauf, was sie für Auswirkungen auf die Welt als Ganzes haben.

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