Tag 54: Wie die New-Age Lehren das Ego boosten und uns in die Irre leiten können

Nach meinem Erwachen vor ziemlich genau 11 Jahren dachte ich, dass ich nun endlich auf dem richtigen, egofreien, Pfad der Liebe durchs Leben sei. Anfangs war das auch so, denn was ich auch anfasste und tat wurde ein Erfolg. Doch zunehmend machten sich Probleme bemerkbar. Gar nicht mal so sehr im Äußerlichen, sondern mehr in meiner Gemütsverfassung. Ich wurde innerlich immer unruhiger, tat viele Dinge nur deshalb, weil andere sie von mir erwarteten, oder weil ich glaube als mitfühlender nicht-Egoist müsste ich nun anderen ihre Wünsche erfüllen, so wie früher meine eigenen. Aber das Konzept ging so nicht auf. Ich hatte mein Ego definitiv noch nicht überwunden. Das erkannte ich an dem was ich tat, in meinen versteckten Gründen für diese Taten, und auch in dem, was ich für andere tat. Es war immer Eigennutz im Spiel. Und wenn ich etwas für andere tat, dann nur, um etwas zurück zu bekommen. Wenn ich anderen mehr oder weniger selbstlos half, weil sie darum baten und ich mein Ego zurück steckte, dann fühlte sich das grundfalsch an. Dann hatte ich meist das Gefühl nur ihr Ego befriedigen zu helfen. Und das trieb mich immer tiefer in Frustration und Depression.

Was sollte ich nur tun? Ich hatte in der New-Age Literatur soviel schönes darüber gelesen, wie man all das manifestieren kann, was man sich nur wünscht. Alles liegt zu unseren Füßen, was auch immer es ist. Ich hatte viele Partnerinnen, doch meist verließ ich die Beziehung nach wenigen Wochen wieder, weil sie mich nur in alte gesellschaftliche Verhaltensmuster zurück zogen, die ich nicht mehr annehmen konnte. Ich versuchte durch Reisen in ferne Länder, mit dem Rucksack, per Boot, per Wohnmobil neue Erfahrungen zu machen und die Menschen zu treffen, mit denen ich glücklich im Einklang leben konnte. Ich arbeitete auf organischen Farmen mit, half in Backpacker-hostels, machte workshops mit, besuchte intentional communities. Aber irgendwie machte mich das alles nicht zufrieden. Es passierte genau das Gegenteil. Ich hatte keine Freude an den Tätigkeiten, auch nicht an den Begegnungen und Gesprächen, und wurde immer frustrierter und depressiver. Nichts machte mir mehr Spaß. Ich wusste nicht wohin ich mich noch wenden sollte.

Vor einigen Wochen zog ich dann alleine mit dem Wohnmobil nach Süden. Es war schön dem kalten deutschen Winter zu entfliehen, aber die Gemeinschaft der Wohnmobilisten sagte mir auch selten zu. Es war so ähnlich wie früher auf dem Boot. Am Ankerplatz (Stellplatz) oder in den Häfen (Campingplatz) wurde meist gegrillt, das Bier rausgeholt, und flache Witze gerissen. Niemand wollte sich über die bohrenden Fragen mit mir unterhalten, die mir seit Jahren das Leben schwer machten und für die auch, trotz intensivsten Literaturstudiums, keine Antwort fand.

Zum Glück fand ich dann einen Ort, an dem ich für einige Wochen ganz allein sein konnte. Dort, weit ab von der nächsten Stadt und ganz allein nur mit mir selber und einem kleinen schwarzen Kater, hatte ich endlich die Zeit und Ruhe mal tiefer in mich zu gehen, ohne ständig durch die Anforderungen anderer abgelenkt zu werden. Ich hatte sehr viel Zeit für mich selber und tat oft nichts, nur um meinen Gedanken Raum zu geben, ab und zu etwas zu lesen, und sonst meist nur die Füße hoch zu legen und zu träumen. Aber trotzdem kreisten meine Gedanken immer und immer wieder um all die New-Age Theorien, über die ich soviel gelesen hatte, die aber irgendwie für mich nicht greifen wollten. Warum nur? Ich verstand es nicht. War vielleicht unterschwellig mein Ego doch noch immer in voller Kontrolle über meine Wünsche? Wieso konnte ich keine Freude daran finden, am Strand die Sonnenuntergänge zu beobachten, und sich über Gott und die Welt zu unterhalten? Irgendwie fehlte mir ein Ziel. Ich hatte keine Aufgabe und mir fiel auch nichts sinnvolles ein, was ich mit meinem Leben hätte anfangen können. Es war zum verzweifeln. Es musst doch irgendetwas geben, was meinen Leben Sinn geben würde. Schließlich war ich ja nun mal auf der Erde und wenn das so war dann musste es meiner Ansicht nach auch einen Grund dafür geben. Doch wo sollte ich diesen Grund, diesen Sinn für mein Leben finden, wo ich doch schon so gut wie alle mir zugänglichen Lehren studiert hatte. Was war es, dass MIR einen Sinn im Leben geben könnte, sodass ich mich darauf einlassen und mein Leben danach ausrichten könnte?

Die Frage drehte sich immer um MICH. Um das, was ICH wollte. Wo war der Nutzen für MICH? Na wenn das nicht Egoismus vom Feinsten war, was dann?

Und dabei wusste ich ja aufgrund meiner außerkörperlichen Erfahrung schon seit langem, dass es keinen Tod (der Seele) gibt und nichts mit dem körperlichen Tod endet. Wozu sich also Gedanken darum machen, was MIR etwas nützen könnte in dieser Inkarnation? Sie würde ja sowieso bald enden. Wofür sich also engagieren? Das machte natürlich keinen Sinn. Denn was könnte ich schon für mich erreichen, das über den Tod hinaus Bestand hätte? Da fiel mir nichts ein. Kein Wunder.

Mir wurde dann sehr schnell klar, dass es gar nicht um mich geht. Es geht darum, was das-Beste-für-alle ist. Es geht darum eine Welt zu schaffen, zumindest an deren Schaffung mitzuarbeiten, in der es sich zu leben lohnt. Ein Welt in der man gerne lebt, weil man keine Angst vor irgend etwa haben muss. Eine Welt die gut und schön und lebenswert ist. So eine Welt haben wir momentan nicht. Ganz das Gegenteil ist der Fall.

Und diese Einsicht, dass es gar nicht um MICH ging, sondern um die Welt als Ganzes, brachte mir Erlösung. Wie ich an der Erschaffung einer solchen heilen Welt mitzuarbeiten Gedenke, dass habe ich gestern schon in meinem 5-Punkte Katalog beschrieben. Ich möchte auch dabei bleiben. Es befriedigt mich.

  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe, meine Interessen vor die Interessen der Gesamtheit und des Lebens zu stellen.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe nicht erkennen und verstehen zu wollen, mit welch subtilen Tricks, Lügen und Verzerrungen der Wahrheit sich mein Ego im Chefsessel meines Wesens einnistete, um ja nicht die Kontrolle über mich zu verlieren.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe, trotz großen Unwohlseins, Frustration, und Depression weiter an den Wünschen des Ego festgehalten zu haben.
  • Ich (an)erkenne, dass mein Ego nicht schuld an dieser Situation ist, sondern ich selber, weil ich bisher keine Alternative zum Ego-gesteuerten Leben kannte, auch wenn ich darüber las, weil ich das Gelesene, auch wenn es wahr klang, nicht richtig verstand.
  • Ich verpflichte mich den jetzt erkannten Weg, also immer das-Beste-für-alle in Betracht zu ziehen, weiter zu gehen.
  • Ich verpflichte mich keine Unterstützung mehr zu geben für Wünsche von anderen, die ich als rein Ego-basiert erkenne, die also nur dem Vorteil einer Person dienen, und nicht das-Beste-für-alle in den Vordergrund der Betrachtung stellen.

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