Tag 71: So langsam beginnt mein Schreiben meine Muster aufzudecken und bewusster zu machen

An Tag 66 schrieb ich über ein sich ständig wiederholendes Phänomen: über Tage und Wochen sackt meine Energie unmerklich immer weiter ab, bis ich mich plötzlich in einer Abwärtsspirale befinde, die in Depression, Lethargie und Frustration endet. Dann, ohne erkennbaren Grund, ist diese Phase ganz plötzlich vorüber und es geht mir wieder prächtig. Ich komme gerade wieder aus so einer Phase. Meine ganze Depression und Frustration und der Schmerz über den Zustand dieser Welt ist auf einmal, seit gestern, komplett verschwunden. Einfach wie weg geblasen, vom Wind verweht. Obwohl sie mich doch tagelang wirklich gefangen hielt, ist sie nun einfach weg.

Ähnliches ist mir wieder und wieder passiert. Meine Energie wird Tag für Tag immer negativer und negativer, und dann plötzlich ist alles wieder gut. Wie kommt das?

Dieser bodenlos erscheinende Fall ins Negative kommt ganz offensichtlich vor allem dann in Gang, wenn ich zu viel allein zu Hause herum sitze und nur meinen Gedanken nachhänge. Dann kann ich irgendwann keine klaren Gedanken mehr fassen, höre mit dem Schreiben auf, höre mit dem Lesen auf, und schaue mir nur noch Filme oder pornografisches Material im Internet an. Für anderes habe ich dann keine Energie mehr. Und das obwohl ich ja den guten Tag lang eigentlich gar nichts tue und nur faul im Bett liege. Dann kommt aber der Zeitpunkt, an dem mich selbst Filme und das Internet nur noch langweilen. Dann raffe ich mich auf und tue etwas. Irgend etwas. Ich gehe nach draußen, in den Wald, auf die Straße, einfach raus. Ich muss dann raus, mich bewegen. Und je mehr ich mich körperlich betätige, je mehr ich mich bewege, auch früher beim Reisen, um so ruhiger und entspannter werde ich. Und dann kann ich mir wieder Ziele vornehmen, so wie den Garten, das Grundstück in Sizilien, die Reisen nach Portugal oder Schweden, etc. Dann habe ich plötzlich wieder Energie. Aber sie erfordert BEWEGUNG.

Diese beiden Phasen, Energielosigkeit einerseits und plötzliche Euphorie andererseits, lösen einander immer wieder ab. Damit bin ich noch nicht ganz durch, obwohl ich immer mehr die Muster darin erkenne. Es passierte erst vor einigen Tagen wieder. Doch diesmal war es etwas abgeschwächter, da ich mein energetische Absacken früh genug bemerkte und mich aktiv und willentlich dagegen stäubte, es zu akzeptieren. Ich nahm mir also vor mich diesmal nicht dem freien Fall nach unten hinzugeben, sondern aufzustehen und etwas zu tun. Ich wollte im Garten arbeiten und weiter nach Grundstücken suchen. Und ganz plötzlich, sicher durch Zufall, fand ich ein tolles Gartengrundstück direkt an der Weser, welches ich sofort anschaute und dann auch gleich pachtete. Ich begann gleich am nächsten Tag mit der Arbeit an dem seit 15 Jahren verwilderten Grundstück und das erfüllte mein Herz mit enormer Freude, auch wenn man am Ende des Tages eigentlich keine Veränderung sehen konnte. Aber das war mir ganz egal.

Nach ein paar Tagen wurde das Wetter aber so schlecht, dass ich nicht mehr in den Garten gehen konnte und wieder Zuhause eingesperrt mit meinen Gedanken alleine war. Wie es der Zufall wollte, kontaktierte mich eine alte Freundin und brachte das Thema des gemeinsamen Grundstückskaufs in Sizilien wieder auf die Tagesordnung. Und so plante ich in den verregneten Tagen doch wieder mir ein Auto zu kaufen um mit Sack und Pack über den Winter nach Sizilien zu fahren und das Grundstück dort auch noch zu kaufen. Denn im Winter kann ich hier nicht im Garten arbeiten und habe etwas Angst davor hier nur nutzlos herum zu sitzen und wieder in Depressionen zu verfallen. Da wäre Sizilien eine willkommene Sache. Also warum nicht gleich zwei Grundstücke in Gang bringen. Eins im Sommer hier in Deutschland und ein zweites im Winter in Sizilien. Das wäre doch eine tolle Idee, oder nicht? Ich war ganz begeistert.

Doch je mehr ich darüber nachdachte, um so mehr Zweifel kamen auf. Ich müsste dann von meinem Vorsatz abweichen kein Auto mehr zu kaufen. Ich würde wieder viele Tausend Kilometer auf den Straßen verbringen. Auto und Diesel kosten Geld, das Auto auch viel Unterhalt. Und letztendlich hätte ich zwei Projekte am Hals, um die ich mich kümmern müsste. Reicht denn nicht schon eins?

Kaum war die Euphorie da, die Gelegenheit mit dem Garten an der Weser ergriffen zu haben und die Aussicht auf den Winter in Sizilien dazu, traten auch schon die ersten Zweifel auf. Ich fragte mich sofort, ob die Idee mit dem Garten, die Idee mit Sizilien, WIRKLICH RICHTIG ist, oder ob das alles nicht doch nur ein sinnloses und wenig Erfolg versprechendes oder einfach zu ungewisses oder zu anstrengendes Unterfangen werden wird. Vielleicht auch nur zwei große Löcher im Boden, in die ich mein Geld versenken würde. Sollte ich nicht doch vielleicht lieber einfach wieder segeln gehen sollte und mir nicht so viele Gedanken machen? Oder einfach im Wohnwagen auf mein Ende warten? Wozu all diese Anstrengung? Wozu dieser Aufbruch ins Ungewisse? Ich habe schon so viele Dinge im Leben getan, und es hat zu nichts geführt. Reicht es nicht langsam?

Und so sehe ich, wie ich langsam wieder in den depressiven Zustand und die Frustration zurück falle. Ich sehe es regelrecht kommen. Bis ich dann irgendwann wieder, ganz unten angelangt, und vor lauter rumliegen schon Rückenschmerzen habend, wieder anfange mich zu bewegen und ein neues (oder altes) Projekt in Angriff zu nehmen. Nur um wieder davor zurück zu schrecken. Und so weiter und so weiter und so weiter.

Nein! Diesmal nicht!

Keines meiner Projekte war bisher beständig. Meinen Job habe ich damals nur aufrecht erhalten, weil ich musste. Und jetzt muss ich nicht und ich will auch nicht. Ich WILL nicht. Und das ist kein wahres Wollen. Es ist ein Nicht-Wollen. Ich weiß nicht, was ich WILL. Und deswegen kann mein Wille auch nicht beständig sein. Er ist abhängig von Umständen, davon wie ich mich fühle, davon was ich denke. Und das ändert sich täglich, vielleicht sogar stündlich.

Da ist keine Konsistenz, keine Beständigkeit, keine Klarheit über meinen Willen.

Dieses Phänomen ist mir schon früher an mir aufgefallen. Das letzte Mal schrieb ich vor zwei Monaten am 10. Juni (Tag 66) darüber. Ich erlaube mir solche Zustände offenbar immer wieder. Und die Begründung die ich damals hervorbrachte war, dass ich Angst habe. Angst vor der Veränderung. Angst vor dem Scheitern. Angst vor Unzufriedenheit. Angst vor Verlust. Angst vor Problemen.

Ich habe Ideen und dann hindert mich die Angst daran, sie umzusetzen. Und bei den ersten Schwierigkeiten gebe ich auf, weil ich fürchte, es könnte nicht klappen. So war es eigentlich auch in meinem Job. Kaum hatte ich eine Stelle suchte ich schon die nächste, weil ich Angst hatte, ich könnte erfolglos bleiben, scheitern, oder rausfliegen. Also versuchte ich dem vorzubeugen, indem ich eine andere Stelle suchte. Aber es gab auch Erfolge. Ich hielt durch bis zur Promotion. Und ich erhielt die Associate Professur. Ich konnte erfolgreich sein, wenn ich mein eigener Herr war, mein eigenes Labor zu leiten hatte, meine eigenen Vorlesungen halten konnte, mein eigener Herr war. Möglich war Erfolg. Aber damals interessierte mich Erfolg plötzlich nicht mehr. Und auch jetzt tut er das nicht. Ich bin nicht an Erfolg interessiert. Aber ich habe trotzdem Angst vor dem Scheitern. Vor allem davor, dass ich all mein Geld ausgebe und später ohne Versorgung dastehen könnte. Deswegen tue ich lieber nichts, lebe einfach, und spare so gut ich kann.

ABER WAS SOLL DAS FÜR EIN LEBEN SEIN?

ICH WILL – KEIN – LEBEN IN ANGST.

WAS WILL ICH DANN?

Ich glaube ich will einfach das tun, was ich tun möchte. Und im Moment ist das eben der Garten an der Weser UND das Grundstück in Sizilien. Und ich WILL mich nicht mehr länger von den immer wieder auftretenden selbstzerstörerischen Mustern gefangen nehmen lassen, die zu einer schlechten Angewohnheit geworden sind. Damit ist jetzt Schluss.

  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe, mich in meinen Vorhaben immer wieder von Angst abhalten zu lassen.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe die Angst vor dem finanziellen Verlust, und besonders vor ungewissen Investitionen in Ländereien im Ausland, mein Leben dominieren zu lassen.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe mich nicht voll für einen einmal eingeschlagenen Weg zu engagieren aus Angst ich könnte scheitern.
  • Ich (an)erkenne, dass ich es akzeptiert und erlaubt habe sofort nach einer “besseren Alternative” (im Job wie in der Partnerschaft) zu suchen, bevor ich mich überhaupt in der gewählten Alternative engagiert habe
  • Ich verpflichte mich zu meinen Entscheidungen zu stehen, und nicht mehr von meinen Plänen abzuweichen, nur weil ich “möglicherweise” woanders bessere Optionen finden könnte.
  • Ich verpflichte mich mit dem zu arbeiten, was ich derzeit zur Verfügung habe, also dem Garten an der Weser und dem Grundstück in Sizilien, und beide mit meinem vollsten Engagement zu Oasen des Lebens zu machen.
  • Ich verpflichte mich nach keinen Alternativen dazu zu suchen, mit solcher Suche keine Zeit mehr zu verschwenden, sondern diese Gelegenheiten jetzt voll und ganz zu akzeptieren als das, was ich mir ausgesucht und vom Universum oder von Gott zur Verfügung gestellt bekommen habe.

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